1938, Architektur holt die Erinnerung zurück

„Was bleibt noch von der Arbeit und der Erinnerung an die jüdischen Architekten, die während des 20-jährigen Faschismus in Italien tätig waren und später aus den Registern gestrichen oder suspendiert wurden? Wie können wir die Erinnerung an die Fachleute wiederherstellen, die zu Unrecht verfolgt wurden und deren Karrieren und Erfolge abrupt beendet wurden?”. Dies sind einige der Fragen, welche, wie die Wissenschaftlerin Eirene Campagna erläuterte, den Ausgangspunkt für ein umfassendes Forschungsprojekt bilden. Ein Werk, das die Auswirkungen der Rassengesetze von 1938 auf einen bestimmten Bereich untersucht und beschreibt: die Architektur. Die Forschung ist Teil des Kulturprojekts „Architecture and remembrance”, an dem die Architektenverbände von Mailand, Bologna, Rom und Ferrara gemeinsam mit der Fondazione Cdec (dem italienischen Dokumentationszentrum jüdischer Zeitgeschichte), der Fondazione Maxxi (dem italienischen Nationalen Museum der Künste des XXI. Jahrhunderts) und der Comenius-Universität in Bratislava beteiligt sind.
Der erste Schritt dieser weitreichenden Initiative, die mit europäischen Mitteln unterstützt wird, ist eine internationale Tagung. „Mit dieser Tagung”, so die Worte von Marialisa Santi, Präsidentin der Stiftung des Ordens der Architekten von Mailand, „beginnen wir den Weg, der uns dazu führen wird, über Architektur und Rassengesetze in verschiedenen Sprachen und Formaten zu sprechen. Wir sind zuversichtlich, dass diese artikulierte Erzählung, die dank der Arbeit aller Mitglieder der Partnerschaft entstanden ist, es uns ermöglichen wird, nicht nur unsere Kollegen, sondern auch ein breiteres Publikum einzubeziehen, indem sie eine Gelegenheit zum Nachdenken und zur Kenntnis persönlicher Geschichten, aber auch von Werken unseres 20. Jahrhunderts, bieten.”
Zur Eröffnung der Tagung gab der Direktor der Cdec-Stiftung, Gadi Luzzatto Voghera, einen Überblick über das Projekt der Arbeitsgruppe. „Wir haben uns entschieden, das Schicksal von Architekten zu studieren, die aufgrund rassistischer und antisemitischer Gesetze gezwungen wurden, ihr Land zu verlassen, um weiterhin entwerfen und schaffen zu können. Um weiterhin frei denken zu können. Wir haben uns aber auch dafür entschieden, das Schicksal jener Architekten zu verfolgen, die in ihren Heimatländern als Verfolgte leben mussten, die den Verlust ihrer Rechte und die Deportation hinnehmen mussten, wenn es ihnen – in den glücklichsten Fällen – nicht gelang, sich dank der Hilfe von unterstützenden und mutigen Mitbürgern zu retten. Für ganz Europa war dies eine tiefe kulturelle Wunde, über die wir nachdenken müssen”. Während der Präsentation gab der Direktor der Cdec-Stiftung einige Beispiele von Architekten, die durch Diskriminierung und Verfolgung gezeichnet sind: Giorgio Cavaglieri, Paul Engelmann, Alfred Grotte, Marie Frommer, Marcel Hermann Ianco, Luigi „Gino” Levi-Montalcini.
Luzzatto Voghera wies dann darauf hin, dass es sich bei dem Projekt um ein Archiv handelt, das mehrere Absatzmöglichkeiten haben wird. „Das erste ist dieses erste Seminar, bei dem wir einige Ergebnisse unserer Forschung in den Archiven vorstellen und Forschungserfahrungen austauschen. Eine der Arbeitsgruppen, die vom Orden der Architekten von Bologna geleitet wird, arbeitet an einer Videodokumentation über einige wichtige Persönlichkeiten der Architekten, die verfolgt wurden. Eine andere Arbeitsgruppe, die von der Maxxi-Stiftung koordiniert wird, plant eine Ausstellung über Architekten, die von diskriminierenden Handlungen betroffen sind. Schließlich arbeitet eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Ordens der Architekten von Ferrara an einer Graphic Novel, die die Geschichte einiger dieser Architekten erzählt und sich insbesondere an ein junges Zielpublikum richtet, sowie an einer Veröffentlichung”. Es sind Unterschiedliche Initiativen mit zwei gemeinsamen Zielen: „Information und Sensibilisierung der Fachwelt und der Öffentlichkeit für die Diskriminierung jüdischer Architekten während des nationalsozialistischen und faschistischen Regimes. Und um an die Diskriminierung und den Antisemitismus zu erinnern, die zum Ausschluss vieler Architekten aus ihren Berufsfeldern geführt haben, um künftige Intoleranz zu verhindern und den Dialog über ihre Geschichten zu fördern und den Diskurs, der zu Intoleranz führt, zu dekonstruieren”.

Übersetzt von Maria Cianciuolo, durchgesehen von Martina Bandini, Schülerinnen der Hochschule für moderne Sprachen für Dolmetscher und Übersetzer der Universität von Triest, Praktikantinnen in der Redaktion der Vereinigung der Italienischen Jüdischen Gemeinschaften – Pagine Ebraiche.