BECHOL LASHON Deutsch – Geschichte in der Deutschen Scola

paduavon Andrea M. Jarach*

In ihrer Blütezeit zählte die jüdische Gemeinde Padua rund 1300 Mitglieder. Heute sind es nur etwa 180. Doch es beeindruckt, was diese kleine Gemeinde auf die Beine stellt. Mit überwiegend eigenen Mitteln hat sie in der alten Synagoge, der ehemaligen Deutschen Scola, ein jüdisches Museum eingerichtet. Seit seiner Eröffnung vor einem halben Jahr ist es zu einer kulturellen Selbstverständlichkeit der Stadt geworden.

Anfangs war das Museum nur an zwei Tagen pro Woche geöffnet. Trotzdem wurden bereits mehr als 3000 Besucher gezählt, und es haben viele Veranstaltungen stattgefunden. Das Kuratorium hat zudem einen zweisprachigen Katalog und einen kleinen Führer durch das alte Ghetto und das jüdische Padua herausgegeben.

Mittelalter Die jüdische Geschichte der Stadt reicht bis ins Mittelalter zurück. Die Universität und die Rabbinische Akademie zogen viele Studenten an. Nach der Gegenreformation war die Universität Padua eine der wenigen Hochschulen in Europa, die für Juden geöffnet blieben. Viele jüdische Ärzte wurden dort promoviert. Während dieser Hochzeit kam es 1522 zur Grundsteinlegung der ersten Synagoge, der sogenannten Deutschen Scola. Wie der Historiker Gadi Luzzatto Voghera erzählt, stand sie damals im Zentrum des Ghettos und wurde später um eine zweite Synagoge aufgestockt (Scola grande). Das ursprüngliche Bethaus funktionierte als Beit Midrasch, als Lehrhaus, weiter.

Im Mai 1943 wurde das Gebäude durch Brandstiftung fast völlig zerstört. Ende der 80er-Jahre baute man das erste Stockwerk wieder auf und nutzte es für kleine Wechselausstellungen. Nach einem Entwurf des Florentiner Architekten David Palterer wurde es in den vergangenen Jahren zu einem Museum umgebaut.

Rundgang Wer das Haus besucht, sieht während des Rundgangs zwei Filme: zu Beginn eine elfminütige Einführung, später dann die 45-minütige Präsentation »Generation geht, Generation kommt« des Regisseurs Denis Brotto. Auf sechs Bildschirmen, die in etwa drei Metern Höhe angebracht sind, werden zehn wichtige Persönlichkeiten der jüdischen Geschichte Paduas vorgestellt. Zu ihnen gehören der Philosoph Don Itzhak Abrabanel, ein ehemaliger Minister des portugiesischen Königs Alfons V., sowie Yehuda Mintz, der 1460 die Jeschiwa von Padua gründete, außerdem Bürgermeister Giacomo Levi Civita (1846–1922) und der Wirtschaftswissenschaftler und Parlamentarier Leone Wollemborg (1859–1932). Sie alle reden miteinander und bringen dem Besucher die Geschichte mit wechselnden Kulissen nahe.

Wie viele andere jüdische Museen zeigt auch das in Padua verschiedene Ritualobjekte. Zu den wichtigsten Stücken gehört eine Parochet aus dem 14. Jahrhundert – ein Vorhang vor dem Aron Hakodesch, in dem die Torarollen aufbewahrt werden. Ein anderes interessantes Exponat ist eine Hochzeitskarte, die der Erzbischof von Venedig, Giuseppe Sarto, der spätere Papst Pius X., an einen Juden in Padua gesandt hatte.

PC-Stationen Im Museum wird Wert darauf gelegt, dass der Besucher sein Wissen selbstständig vertiefen kann. So ermöglichen zwei PC-Stationen, in den Gemeindearchiven zu stöbern, durch Familienstammbäume zu blättern sowie synagogale Musik aus früheren Jahrhunderten zu hören. An zwei Sonntagen im Monat ergänzen Führungen über den alten jüdischen Friedhof in der Via Weil das Angebot.

Das Museum erfüllt eine wichtige Aufgabe: Es weckt ein neues Bewusstsein für die jüdische Geschichte einer der ältesten Städte Italiens. Ein Manko ist allerdings, dass die Öffnungszeiten derzeit noch sehr beschränkt sind.

Museo della Padova Ebraica
Via delle Piazze 26
Telefon 0039/049/66 12 67


*Jüdische Allgemeine Wochenzeitung, 14.01.2016