MIRAMARE Kunst und Natur, ein Schloss für Europa

1Von Guido Vitale

Schätzungen zufolge waren es um die eine Millionen lauernder Besucher und ein reservierter Platz für den Höhepunkt der bevorzugten Besichtigungsorte für Touristen in Italien genügte dennoch nicht. Eine vollständige strategische Führungsunabhängigkeit, die nur sehr wenige Landesmuseen genießen können, ist unzureichend. Die Einigung unter einer einzigen Tour des Museums in dem am Meer liegenden legendären Schloss, des wertvollen botanischen Gartens und des unnachahmlichen Meeresparks, der die umliegenden Wasser schützt, ist nur eine Nebenattraktion. Andreina Contessa, vor kurzem aus Jerusalem in Triest angekommen, um die Führung des Schlosses Miramar zu übernehmen, befindet sich in einem Wettlauf mit der Zeit. Das Konzept der Widergeburt des kleinen und wertvollen jüdischen Museums Umberto Nahon, einer sehr mutigen kulturellen Aktion, die die Aufmerksamkeit der jüdischen höchsten Autoritäten erregte, brachte wenig Aufschwung. So wird in Miramar ein großes Laboratorium beginnen, von dem der Minister für Kulturgüter Darione Franceschini vollkommen überzeugt ist. Franceschini ist in Triest, um die neue Leiterin zu begrüßen und die Widergeburt des Schlosses Miramar einzuleiten. Der Minister ist mit einem historischen Zug in die Stadt angekommen, der die Zusammenführung aller alten europäischen Eisenbahnen symbolisiert, und zwar die südliche Bahnlinie (Triest-Wien), die transalpine Bahnlinie (Triest-Böhmen), das renommierten Eisenbahnmuseum, das im Bahnhof Campo Marzio in Triest entstehen soll und der zauberhafte Bahnhof von Miramar, der das bevorzugte Ziel von Elisabeth von Österreich war und der für lange Zeit am Rande des Parks vergessen wurde. Neben dem Minister sind auch Deborah Serrachini, Gouverneurin der Region Frial-Julisch Venetien, Renato Mazzoncini, der Geschäftsführer der Vereinigung “Ferrovie dello Stato” und Mauro Moretti, der Präsident der Vereinigung “Ferrovie dello Stato” vertreten.

Die Wiedereröffnung der Eisenbahnverbindung, das Erbe eines botanischen Gartens, der wertvolle Meerespark, das legendäre weiße Schloss am Meer. Wo beginnt die Herausforderung dieser neuen Aufgabe?

Wir haben das Ziel- erklärt Andreina Contessa- eine Erneuerung unter Einhaltung der Tradition heranzutreiben. Das riesige Potential Miramars, das noch unausgesprochen ist, muss aufgewertet werden. Miramar stellt eine komplexe Realität, ein Erbe für das zukünftige Italien und Europa dar. Es ist bereits das Reiseziel von zahlreichen Besuchern, die aus der ganzen Welt kommen und ebenso ein von allen Triestinern sehr beliebter Ort. Jetzt handelt es sich um die Neubestimmung eine kohärente und noch offenen Rolle für dieses Erbe.

Welche ist der Grundsatz?

Der Verbindung zwischen Kunst und Natur. Diese Kombination kann Miramar zum einzigartigen Ort machen, der immer mehr wachsen wird. Aber es handelt sich um eine sehr komplizierte kulturelle Aktion, die einen Teil der Vergangenheit zurückbringen könnte, in dem die Vernachlässigung eine tiefe Spur hinterlassen hat. Es ist letztlich eine Vereinigung verschiedener Kompetenzen, die in einem gemeinsamen Raum funktionieren sollten. Aus diesem Grund wollte ich mit einem Treffen beginnen, an dem berühmte Experten zusammen mit jungen Profis, die ihre Forschung dem Schloss Miramar widmeten, zu Worte kommen konnten.

Wo soll man anfangen? Wie soll man arbeiten?

Es ist noch zu früh, um das zu sagen. Nach der Behandlung der ersten Notfälle soll man über die Realität nachdenken, die als kohärentes System funktionieren könnte. Die Gewächshäuser von Maximilian sollten zum Beispiel zu ihrer Rolle als Inkubator zu feinen botanischen Arten dienen. Außerdem könnten sie gleichzeitig zahlreiche Besucher anlocken, die ein tiefes Eintauchen in eine außerordentlich natürliche Umwelt begehren. Das Dilemma der philologischen und kreativen Maßnahmen kann überschritten werden, indem man die akademische Genauigkeit und das Angebot an spannenden und lehrreichen Erfahrungen miteinander verknüpft.

Wie?

Heutzutage ist Triest nicht nur der Zugang Mitteleuropas zum Mittelmeer, wie in den Zeiten Maximilians, und ebenso nicht nur ein Treffpunkt verschiedener Ethnien und Minderheiten. Hinzu kommt nämlich die Rolle als großes Zentrum der wissenschaftlichen Forschung und des Handelsraums des Kaffees. Ich denke, dass ein Projekt für Miramar das beinhalten sollte. Wir brauchen Konferenz- und Begegnungsorte.

Und die Eisenbahn? Die Wiederentdeckung des kleinen Bahnhofs in Holz und Glas zwischen Meer und Kars, zu dem Sissi und Charlotte von Belgien reisten?

Man kann nicht über Miramar sprechen, ohne den Verkehr zu nennen. Der Zugang zum Schloss, dass heutzutage über Land ist, bietet letztlich ein verzerrtes Bild des Schlosses und des Gartens. Eigentlich ist es einfach, zu verstehen, dass das Projekt von Maximilian auch den Zugang zum Ufer und zu der Eisenbahn vorsah. Dies sind alle Aspekte, die wir unseren Besucher nahebringen müssen. Die Aussage des Ministers Franceschini war sehr klar und direkt.

Wie manifestiert sich die Verpflichtung der Regierung?

Es braucht ein klares Mandat, einen Wiederbelebungs- und Entwicklungsplan vorzubereiten, und die sofortige Finanzierung, um den Garten zu reparieren. Aber das ist nur der Beginn, so ist doch die Gründung eines Zentrums für die Kunst und die Unterhaltung ist ein sehr komplexes Projekt.

Werden die Erfahrungen, die Sie in Jerusalem gesammelt haben und Ihre Arbeit, um die jüdische italienische Kunst aufzuwerten, Ihnen dazu dienen?

Sicher. Ich habe in die Arbeit von Widergeburt und Renovation des jüdisch-italienischen Kunstmuseums viel investiert und noch mehr daraus gelernt. Aber allgemein muss ich sagen, dass die Studien- und Lehrjahre an der Jüdischen Universität und das tiefe Eindringen in die jüdische Gesellschaft mir viel mehr genützt haben. Es handelt sich um eine Welt, in welcher die Liebe zum Studium und zur Forschung, zur Offenheit und Auseinandersetzung ohne Vorurteile, die Lust, den Problemen auf den Grund zu gehen und die menschliche und geistige Qualitäten überaus wertvoll sind.

Und die Arbeit am Museum Nahon?

Das war die logische Summe dieser Erfahrungen. Zusätzlich zu unserer Anstrengung, ein echtes jüdisch-italienisches Kunstmuseum zu entwickeln, war dennoch, was mich am meisten beeindruckt hat, die Aufmerksamkeit, mit der der Staat Israel uns verfolgt hat, auch wenn wir nur ein sehr kleines Teil eines riesigen kulturellen und künstlerischen Erbes darstellten.

Was können wir von der jüdischen Realität lernen?

In Italien halten wir uns noch an das Konzept, dass die Kultur einen Preis hat, dass sie sogar ein wenig teuer ist. In Israel, wie in vielen anderen Orten, hat sich der Gedanke durchgesetzt, dass die Kultur Wohlstand, Fortschritt und Reichtum bedeutet. Aus diesem Grund stellt die Arbeit in einer der italienischen Institutionen für die Kultur eine Herausforderung dar, unserem Land bei der Aufwertung seines künstlerischen Erbes zu helfen. Und das finde ich wirklich spannend.

Welche sind Ihre nächsten Verpflichtungen? Was träume Sie?

Natürlich ist die erste Verpflichtung, das Schloss Miramar neu zu beleben und sein Potential aufzuwerten. Aber abgesehen davon, ist es wichtig, dass das Schloss in nächster Zeit eine Hauptrolle spielt, weil es von beiden, sowohl bei Triestinern, als auch bei Touristen sehr beliebt ist. Das beginnt allein schon bei der Rolle als Wissenschaftshauptstadt, die Triest von 2018 bis 2021 spielen wird. Die Zentren der Kultur und besonders die Museen, sollten nicht nur kulturelle Schätze bewahren, sondern sich ebenso der Gesellschaft öffnen und zum Treffpunkt werden. Sie sollten als Ort der Auseinandersetzung und der Neubestimmung der eigenen Identität dienen.

Gibt es in diesem Projekt Raum für die jüdische Identität?

Natürlich. Und in dieser Hinsicht könnte Miramar viel mehr machen. Einer der wichtigsten und zielstrebigen Projekten, die die Regierung und die lokalen Behörden fördern, ist nicht nur durch Zufall das jüdisch-italienische Museum in Ferrara. Es wird eine andere sehr spannende Herausforderung für die jüdische Realität und die italienische Gesellschaft.


Andreina Contessa ist Historikerin und Museumfachkraft, sie beschäftigt sich mit jüdischer Kunst, vergleichender Ikonographie und Manuskripte.
Sie lebte für circa 30 Jahre in Israel, wo sie an der Jüdischen Universität von Jerusalem und an andren Universitäten studierte und lehrte. Sie arbeitete für fast acht Jahre als Kuratorin des jüdisch-italienischen Kunstmuseums U. Nahon. Seit wenigen Wochen ist sie die Leiterin des historischen Museums und des Schlosses Miramar von Triest. Sie ist die Autorin von “Gerusalemme, Promessa e Profezia” (“Jerusalem, Versprechen und Prophezeiung”, 1994) und von “Noè secondo i Rabbini. Testi e immagini della tradizione ebraica” (“Noah gemäß der Rabbis. Texte und Bilder der jüdischen Tradition” 2007). Außerdem hat sie zahlreiche Untersuchungen in internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht. Sie ist ebenso verantwortlich für die Kataloge verschiedener Ausstellung, wie The Jewish Court of Venice (2006).

Übersetzung von Milena Porsch, Studentin der Universität von Regensburg und Praktikantin bei der Zeitungsredaktion der Union der jüdischen Gemeinden von Italien (UCEI).