BECHOL LASHON Deutsch – Funktionaler Analphabetismus
Die Umfrage OCSE-PIAAC behauptet, dass Italien das europäische Land mit der größten Anzahl an funktionalen Analphabeten ist. Darunter versteht man diejenigen, die zwar lesen und schreiben können, jedoch nicht in der Lage sind, diese Fähigkeit zu nutzen, um an nützliche Informationen zu kommen und den Sinn eines Textes zu verstehen. Dieser Missstand könnte Ursache für einige der in den letzten Jahren vorgekommenen Ereignisse und Phänomene von Intoleranz sein, wie beispielsweise das aggressive Verhalten der Anti-Vax-Anhänger gegenüber den drei Abgeordneten der Demokratischen Partei Italiens (PD). Dieser funktionale Analphabetismus muss auch auf globaler Ebene zu den größten Problemen des 21. Jahrhunderts gezählt werden, so wie der reine Analphabetismus zu denen des vorherigen Jahrhunderts. Für viele ist der funktionale Analphabetismus jedoch bequem, da er als wesentliches Mittel zur Mobilisierung der Massen für politische Bewegungen dient, die als „populistisch“, neo-nationalistisch, identitär, pro-exit und sogar islamistisch gelten. In der Zeit der postfaktischen Politik kann alles angezweifelt, überprüft und neu interpretiert werden, zum eigenen Nutzen und gemäß der eigenen Stimmung. Jeder kann sich (zu Recht) zu allem äußern und folglich wird auch viel Unsinn ernst genommen. Wenn dieser verbreitet wird, kann er jedoch denselben Wert oder sogar mehr Bedeutung erlangen als zuverlässige Informationen, welche ihrerseits als Nachrichten abgestempelt werden, die von wer weiß wem manipuliert worden sind, vielleicht von so einem Juden-Plutonen-Freimaurer, der im Verborgenen lebt. Problematisch ist, dass funktionale Analphabeten das Wahlrecht haben und wenn man nicht das Fundament der modernen Demokratien angreifen will, handelt es sich um ein Phänomen, dass sich sehr schwer aus der Welt schaffen lässt. Der vielleicht positive Aspekt ist, dass es scheint, als ob die funktionalen Analphabeten (zumindest bis jetzt) eher in der Altersgruppe der über 55-Jährigen verbreitet sind. Wie man so schön sagt: Die Hoffnung stirbt zuletzt…
Translation made by Clara Erhet, student at Regensburg University, intern at the newspaper office of the Union of the Italian Jewish Communities.