BECHOL LASHON Deutsch – Besondere Beachtung

robertodellaroccaRoberto Della Rocca

Moshe hat den Bau des Tabernakels gerade eben abgeschlossen und doch berichtet uns die Thora, dass er ihn „nicht“ freilich verwenden „darf“ (Exodus, 40; 35).

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, stimmt?

Man glaubt, dass man seine Ziele immer und überall erreichen kann, vorausgesetzt, dass man starken Willen zeigt. Auf so einer Welt werden die Worte „ich kann“ so empfunden, als wären sie eine Herausforderung, die eigene Gewalt und Macht zu erweitern. Wenn die Thora sagt: „Du darfst nicht!“, das bedeutet nicht, dass man keine Möglichkeit hat oder nicht in der Lage ist, etwas zu tun.

Das bedeutet nämlich, dass man „die Erlaubnis nicht erhaltet“ hat. Die Thora lehrt uns, dass es Situationen gibt, wo wir den Sicherheitsabstand einhalten müssen, auch wenn wir in einer Welt leben, wo alle immer davon überzeugt sind, dass sie alles tun dürfen. Gerade als wir denken, dass etwas mit uns besser verbunden und uns stark vertraut ist, müssen wir uns bewusst werden, dass wir Vorhänge, Schleier, Filter… (und Halbmasken!) bewältigen müssen, genauso wie Moshe beim Tabernakel. Außerdem müssen wir daran denken, dass wir uns nicht ganz wie wir möchten benehmen dürfen und dass wir nicht immer tun dürfen, was wir wollen. Am Anfang des Levitikus, Buches von Vaykrà, das wir zu diesem Schabbat lesen, erhaltet man eine Lehre, und zwar, dass jeder Art von Kommunikation ein „Ruf“ vorangehen sollte.

„Der Herr rief Mose, redete mit ihm…“. Das ist nicht nur notwendig, um zu vermeiden, dass die Kommunikation zu einer unbestimmten und undifferenzierten Botschaft wird, sondern auch und vor allem, dass die Gesprächspartner sich so fühlen, als hätten sie besondere Beachtung bekommen. Die gegenwärtige Situation lehrt uns unter anderem, dass es immer mehr befriedigend ist, einen Anruf zu bekommen, anstatt einer virtuellen Nachricht, die oft anonym und allgemein ist. Seit jeher brauchen die Juden Lehrer und Talmidin, die gerufen werden und sich nicht rufen lassen.


Rab. Roberto Della Rocca, Leiter des Kultur- und Ausbildungsbereich von UCEI.
Übersetzung von Sara Facelli, Studentin der Hochschule für Dolmetscher und Übersetzer der Universität von Trieste und Praktikantin bei der Zeitungsredaktion der Union der jüdischen Gemeinden von Italien (UCEI).