BECHOL LASHON Deutsch – Halle
Die erste Zutat ist soziales Unbehagen. Sachsen ist ein verwickeltes Land. Der lange Integrationsprozess des ehemaligen Ostdeutschlands ins blühende Westdeutschland ist hier noch nicht zu Ende.
Die zweite Zutat ist die verbale Gewalt, die in den letzten Jahren in eine von den sozialen Netzwerken unterstützte Politik eingebrochen ist. Diese Art von Politik wird aber von manchen rücksichtslosen Politikern ausgenützt, die überhaupt keine humana pietas haben.
Die dritte Zutat ist die Wiederentdeckung der Nazi-Symbolen und der Naziparolen, die in der nicht allzu fernen Vergangenheit zu einer konkreten politischen Realität wurden.
Die vierte Zutat ist die Erfindung der virtuellen Realität in Kriegsvideospielen, die militärische Grundkenntnisse kostenlos bieten und die unbequemen Elemente von der Erfahrung des Todes entfernen, wie zum Beispiel den Shock, den Schmerz, die Angst, den Gestank, und das Geräusch. Wobei sie die Lücke zwischen der Wirklichkeit und der virtuellen Realität schließen.
Die fünfte Zutat ist der Antisemitismus, der Hass sowohl auf den realen als auch auf den virtuellen Juden. Eine Ideologie, die in Europa ständig anwesend ist, ein Werkzeug, das zum Erreichen vieler unterschiedlichen Zielen geeignet ist. Man kann – wenn man möchte – auch den Hass auf andere „Außenseiter“, wie Moslime, Schwarze, Feministinnen, LGTB, beifügen.
Die sechste Zutat ist die Unterschätzung seitens der Politiker. Eine Führungsschicht in Deutschland und im gesamten Europa, die die staatliche Kontrolle und das Staatsgewaltmonopol als keine Priorität betrachtet.
Das Ganze mischen und langsam kochen, um den (erfolglosen) Anschlag von Halle zu erhalten.
Bei alldem ist es schwierig die Leute zu verstehen, die sich überrascht erklären, die verurteilen, ohne Maßnahme dagegen zu ergreifen (einige Zutaten zu entziehen, zum Beispiel). Oder auch die Leute, die sich dagegen verschließen, die paramilitärischen faschistischen und nationalsozialistischen Organisationen in Europa als konkrete Bedrohung zu betrachten. Damit geben sie ihnen manchmal politische Unterstützung und Sichtbarkeit, und sie glauben, dass sie in der Lage sind, sie zu kontrollieren.
Gadi Luzzatto Voghera, Direktor der CDEC Stiftung. Übersetzung von Sara Facelli, und Revision von Anna Zanette, beide Studentinnen der Hochschule für Dolmetscher und Übersetzer der Universität von Trieste und Praktikantinnen bei der Zeitungsredaktion der Union der jüdischen Gemeinden von Italien (UCEI).