Formiggini, die Geschichte eines Verlegers
„Ich kann nicht auf das verzichten, was ich als meine eigentliche Pflicht betrachte. Ich muss die böse Absurdität der rassistischen Maßnahmen beweisen.”
Dies sind die letzten Worte, die Angelo Fortunato Formiggini an ihre Frau in einer handgeschriebenen Nachricht schickte, bevor er sich das Leben nahm. Es ist der 29. November 1938, das Jahr der infamen Rassengesetze. In den Wochen vor seinem Tod hatte Mussolini in einem festlichen Trieste etwas bekanntgegeben. Er verkündete insbesondere das Inkrafttreten der ersten Maßnahmen zur Diskriminierung in den Klassenzimmern, Berufen, staatlichen Institutionen und in jedem Aspekt menschlicher und sozialer Beziehungen. Diese Maßnahmen dienten vor allem dazu, die italienischen Juden zu Ausgestoßenen zu machen, die zunächst in ihrer Rechten und dann in ihrer körperlichen Unversehrtheit verletzt werden sollten.
Formiggini, ein jahrzehntelang bekannter Protagonist des Verlagswesens und in gewisser Weise der Vater dieses Berufsstandes, war jedoch ganz anderer Meinung. Das Regime hatte ihm bereits das Projekt der „Grande Enciclopedia Italica” (eine mehrbändige Universalenzyklopädie in italienischer Sprache) entzogen, deren Schöpfer er unbestritten war. Als Reaktion darauf prangerte Formiggini 1924 diese dunklen Machenschaften in der berühmten Streitschrift „La Ficozza Filosofica del Fascismo e la Marcia sulla Leonardo” an. In diesem Moment beschloss er jedoch, das Worte allein nicht ausreichen würden. So verließ er die Stadt Rom, in der er Wurzeln geschlagen hatte, und kehrte nach Modena zurück, wo er geboren und aufgewachsen war. Dort bestieg er den Glockenturm Ghirlandina, der das Wahrzeichen Modenas ist, und stürzte sich ins Leere. Es war ein eklatanter Protestakt, der trotz der Bekanntheit des Opfers von den Medien absichtlich ignoriert wurde. „Er starb wie ein Jude. Er stürzte sich von einem Turm, um einen Gewehrschuss zu sparen”, kommentierte Starace, Sekretär der National-Faschistischen Partei. Dieses dramatische und symbolische Ereignis steht im Mittelpunkt von „Il fuoruscito” (Der Flüchtling), dem neuesten Buch des Journalisten und Fernsehautors Marco Ventura, das im Verlag Piemme erschienen ist. Zwischen den Seiten spielt Formigginis gesamte Geschichte von den Anfängen bis zu seinem Epilog ab: seine Beziehung zu der jüdischen Identität, die geselligen Züge seiner glänzenden Persönlichkeit, sein Plan, Verleger zu werden und ein „Haus des Lachens” zu bauen, um Völker und Kulturen zusammenzubringen. Und wieder: die nie verheilte Wunde des intellektuellen Diebstahls in den frühen 1920er Jahren, die komplexe Beziehung zum Faschismus und das lange Verhältnis mit Emilia Santamaria. Diese war eine sehr charismatische Persönlichkeit und gehörte zu den wenigen italienischen Professor: innen, die dem Regime nicht die Treue schworen, weshalb sie ihre Dozentur verlor. Eine Geschichte, in der sich die direkten Aussagen des Protagonisten mit den Interpretationen von Ventura abwechseln, während wir Schritt für Schritt mit ihm die Treppe jenes Turms hinaufsteigen, an dessen Basis wir eine Gedenktafel an der Absturzstelle finden. Diese verrät uns, dass wir uns vor dem „Tvajol ed Furmajin” befinden, ein kleiner Teil des Straßenpflasters, den er selbst ironischerweise mit diesem Dialektausdruck benennen wollte. Es handelt sich um ein Ort, der den Einwohnern von Modena immer vertrauter wird, auch dank eines Eingriffs der Stadtverwaltung in den Ortsnamen. Ein Ort, der ein lebendiges Zeichen des Durchgangs auf diese Welt von einem großen Verleger und einer außergewöhnlichen Persönlichkeit darstellt.
Formiggini erklärte: „Das neue Europa, das aus den Trümmern des alten Europas entstehen wird, muss zivil und brüderlich sein. Brüderlichkeit wird nicht herrschen, wenn ein Volk das andere unterdrückt, aber auch ohne Gemeinschaft der Kultur unter den Völkern. Vor allem müssen sich die Völker in ihren sympathischsten und menschlichsten Aspekten kennenlernen. Seiner Meinung nach ist das Lachen „die Liebe des Lebens”.
Übersetzt von Valentina Megera, durchgesehen von Sofia Busatto, Schülerinnen der Hochschule für moderne Sprachen für Dolmetscher und Übersetzer der Universität von Triest, Praktikantinnen in der Redaktion der Vereinigung der Italienischen Jüdischen Gemeinschaften – Pagine Ebraiche.