Leone Efrati, die Geschichte eines Boxers
Von Adam Smulevich
“La piuma del ghetto” (Die Feder des Ghettos) ist ein Buch, das man verschlingt. Dies erscheint beim Gallucci Verlag und ist das letzte Werk von Antonello Capurso. Er ist ein Journalist, Schriftsteller und Bühnenautor, der viele Streifzüge durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts unternommen hat. Sein neuer Roman liest sich nicht nur schnell, sondern ist vor allem ein wirkungsvolles Fresko eines dunklen Zeitalters und eines Protagonisten des italienischen Sports, der ihm gnadenlos zum Opfer fiel: Leone Efrati. Leone wurde auch „Lelletto” genannt.
Dieser Spitzname, der ihm von den Fans gegeben wurde, begleitete ihn während seines Aufstiegs als Boxer bis zum Match, das ihn – der stolze Sohn der „Piazza” und echte Seele des jüdischen Roms – zum Weltmeister hätte machen können. Es war Dezember 1938, als „Lelletto” und Leo Rodak in einem unvergesslichen Match aufeinandertrafen. Ein Traum mit Stars and Stripes, der im schönsten Moment zerplatzte. Der Sieger, wenn auch mit einem fragwürdigen Urteil, war Rodak und nicht der junge römische Boxer, der in der Audace Sporthalle trainiert wurde.
Doch in diesem dramatischen Moment gab es für ihn noch andere Sorgen. Es war das Ende 1938, als die vom Faschismus im September angekündigten Rassengesetze in Kraft traten. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Leben hart für alle jüdischen Bürger, die vom Regime mit den grausamsten Maßnahmen in ganz Europa “verraten” worden waren. Unter den Bürgern befanden sich seine Frau Estero und ihr Söhnchen Romolo, das noch nicht einmal zwei Jahre alt war. Somit beschloss Efrati, nach Italien zurückzukehren und an ihrer Seite zu bleiben, bis die tragischen Folgen eintraten: die Nazi-Besetzung des Landes, seine Gefangennahme durch die Hand von zwei faschistischen Schergen und die Deportation nach Auschwitz-Birkenau, wo er zu kämpfen gezwungen wurde, um die Kapos und SS zu unterhalten. Er wurde dann ermordet, nachdem er sich gegen die Gewalt an seinem Bruder Marco aufgelehnt hatte. Der kleine Romolo konnte hingegen sich retten und diesem Schicksal entkommen. Er floh dem Lastwagen, der das Regina-Coeli-Gefängnis verließ, dank des Beitrags des anderen römischen Boxers Pacifico Di Consiglio, der im ehemaligen Ghetto war.
Das ist eine Geschichte, die Capurso meisterhaft rekonstruiert, indem er diesen außergewöhnlichen Sportler und Kämpfer, der jahrzehntelang in Vergessenheit geraten war, zum Leben erweckt. „Ein feiner Fechter, der auf den Boxring seinen Verstand mehr als seine Fäuste arbeiten lässt”, so hatte ihn die italienische Presse in den glücklichen Jahren gepriesen, als Jude zu sein noch kein Grund für Groll und Verfolgung war, oder zumindest es nicht öffentlich gezeigt wurde.
Ein weiteres der vielen Lobe über den Boxer lautet: „Wenn Boxen eine Kunst ist, dann konnte man Efrati nur vorziehen, denn er hat sich während der acht Runden als wahrer Künstler erwiesen.” In einem anderen Artikel wurde er als „echter Champion” mit „einem Schlagkraft und einer wirklich großartigen Technik” bezeichnet. Aber genau das waren die glücklichen Jahre. Sein Match mit Rodak wurde trotz seiner Bedeutung von der italienischen Presse zensiert. Efrati war bereits „anders” als die Wahnsinnsideologie der „arischen” Rasse. Er wurde vom Ruhm zum Vernichtungslager innerhalb weniger Jahre. Er gehörte zu den vielen „Vermissten” der Shoah, von dem lange Zeit keine Spur mehr zu finden war. Das von Capurso geschriebene Buch ist ein Roman, der auf wahren Ereignissen beruht. Der Autor betont, dass er zahlreiche Quellen verwendet hat: italienische und amerikanische Zeitungen, Geschichten, Urkunden, Familienerinnerungen, Bücher, Archive. Er fügt auch hinzu: „Wenn die Quellen Lücken aufwiesen, haben wir versucht, auch bei fiktiven Erinnerungen so realitätsnah wie möglich zu sein”. Dies gilt auch für die Dialoge, die manchmal von Zeugen berichtet und manchmal erfunden wurden, aber immer am Kriterium der größtmöglichen Wahrhaftigkeit einhalten. Capurso widmete dem Ereignis von „Lelletto” auch eine Theateraufführung, die von der Stiftung Museo della Shoah in Rom produziert wurde. Dieses verzehrende Buch ist ihre Ergänzung.
Übersetzt von Valentina Megera, durchgesehen von Sofia Busatto, Schülerinnen der Hochschule für moderne Sprachen für Dolmetscher und Übersetzer der Universität von Triest, Praktikantinnen in der Redaktion der Vereinigung der Italienischen Jüdischen Gemeinschaften – Pagine Ebraiche.